Sechsundachtzig tote Blätter, in Akten säuberlich abgeheftet. In ihnen kann man – von der Sonne eingebrannt – Nummern und Namen geplanter Straßen erkennen.
All diese Bauprojekte, vom Hermsdorfer Kreuz bis zur Umgehungsstraße Pößneck, sind vom Freistaat Thüringen für den aktuellen Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Der überwiegenden Mehrheit wurde eine hohe Priorität eingeräumt, sodass schon bald mit dem Bau der neuen Straßen begonnen werden kann. Zwar ist nur für die wenigsten der Straßen eine hohe Verkehrs-, oder Umweltentlastung prognostiziert; die schiere Menge der Straßenprojekte im Vergleich zu den Schienenprojekten macht aber dennoch deutlich, dass die Politik in den Straßenverkehr größte Hoffnungen setzt.
Es stellt sich unweigerlich die Frage, welchen Preis die zukünftige Gesellschaft für diese von den Interessen der Automobilindustrie beeinflussten Verkehrspolitik zahlen muss.
Der Betrachter nähert sich der Thematik anhand eines interaktiven Archives, das Einsicht in pseudo-authentische Akten des Bundesverkehrsministeriums gewährt. Der Betrachter ist eingeladen, am Schreibtisch Platz zu nehmen und sich so mit den langfristigen Auswirkungen der gegenwärtigen Verkehrspolitik auseinanderzusetzen.
Die Straßennahmen der Bauprojekte wurden mittels Anthotypie in getrocknete Lindenblätter belichtet. Dies ist ein experimentelles fotografisches Verfahren, das auf dem Zerfall von Pflanzenfarbstoffen unter UV-Licht basiert. Mit Hilfe des Sonnenlichtes wird das enthaltene Chlorophyll an bestimmten Stellen ausgeblichen.
Angaben zum Projekt
Die Installation ist 2016 als studentischer Entwurf innerhalb des Semesterprojektes Fotografie & Zeichnung unter der Leitung von Dipl.-Künstler Richard Welz entstanden.